der weiche Blick
Vom „weichen Blick“ als Übung zu Schauen habe ich zum ersten Mal im „integralen Salon“, eine Berliner Gruppe, die sich mit den Schriften von Ken Wilber beschäftigt, kennen gelernt.
Eine Frau beschrieb ihn als eine Art zu Schauen, mit der man das Wesen und die Potentiale eines Mitmenschen gut wahrnehmen kann. Man stelle sich vor, dass man seine Augen nicht vorne im Kopf hat, sondern hinten und von dort aus den Raum vor sich betrachtet, sozusagen einen Schritt zurück tritt. Man nimmt sich einfach die Zeit, das Licht zu einem kommen zu lassen. Der Blick bleibt gelassen greift nicht vor oder hinaus in die Welt, sondern die Welt kommt zu Dir. Dadurch bleibt man immer bei sich und wenn man darin geübt ist, bleibt man es auch vielleicht in stressigen Situationen.
Ähnlich wie in dem Blogbeitrag (s.u.), den ich im Netz dazu gefunden habe, hat auch der Lehrer meiner früheren Zen-Gruppe gesprochen. Einen erleuchteten Blick auf die Dinge könne man sich vorstellen wie die 3D-Bilder aus den 90ern, die erst entstehen, wenn man durch die nichtssagend bunte Seite hindurch schaut und das 3D-Bild im Kopf Form annehmen lässt (z.B. Bildband „Das magische Auge“) . Dann ist es die Kunst, es nicht mit den Augen fixieren zu wollen, sonst ist es sofort wieder weg.
Der weiche Blick ist dem ähnlich – erst wenn man lernt, durch die Dinge hindurch zu schauen, werden sie erst richtig scharf.
Kinder haben diesen Blick noch von Natur aus. Man spürt den Blick von Babys förmlich, wenn sie einen aufmerksam anschauen – besser gesagt, durchschauen. Wie ein Scannerblick auf die Seele. Aber auch ältere Kinder können das noch. Meine damals 5-jährige Tochter meinte mal am Frühstückstisch zu mir ganz urplötzlich: „Wow, alles ist ja durchsichtig! Ich kann durch alles hindurch schauen und trotzdem sehe ich den Kühlschrank!“ Ihr ist in dem Moment diese Art zu schauen, die sie ja schon vorher unbewusst angewendet hat, plötzlich bewusst geworden. Auch Erwachsene wenden ihn mehr oder weniger bewusst an – insbesondere empathische und intuitive Menschen. Der weiche Blick ist also kein Hexenwerk, sondern etwas ganz normales – aber die Kunst ist eben, sich ihn bewusst zu machen.
Blogbeitrag: augenuebung-weicher-blick
(ein Beitrag von Harald K.)